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Rechtsanwalt für Vertragsrecht: Was Sie für Verträge in Ihrer Lieferkette wissen sollten – Teil 1

Das Vertragsrecht regelt eine Vielzahl an rechtlichen Beziehungen zwischen Unternehmen. Gerade im Bereich der Commercial-Verträge – also bei Verträgen, die Ihr Unternehmen mit seinen Lieferanten, Kooperationspartnern und Abnehmern abschließt – ist es von zentraler Bedeutung, dass sämtliche Vereinbarungen rechtssicher und nachvollziehbar gestaltet werden und bei jedem der zahlreichen Konfliktfelder so ineinandergreifen, dass Ihr Unternehmen nicht „zwischen den Mühlsteinen“ hängt. Als Rechtsanwalt für Vertragsrecht, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht und Fachanwalt für Internationales Wirtschaftsrecht kann ich Sie und Ihr Unternehmen dabei unterstützen, Verträge zu erstellen und zu verhandeln, bestehende Verträge auf Fallstricke zu überprüfen und Risiken für Streitigkeiten aufzeigen.

Typische Risikosituationen

Im Rahmen Ihrer Lieferketten stellen sich möglicherweise einige der folgenden Herausforderungen.

1. Lieferengpässe und Beschaffungsrisiko

Lieferengpässe sind leider kein Phänomen der Corona-Krise geblieben. Sie entstehen in unterschiedlichsten Branchen aus unterschiedlichsten Gründen. Kaufmännisch sollte jedes Unternehmen von folgendem rechtlichen Grundsatz ausgehen: Das Beschaffungsrisiko trägt stets der Verkäufer der Ware.

Ist Ihr Unternehmer Hersteller von Endprodukten oder Zwischenkomponenten, muss die Beschaffung auf Seiten des Einkaufs gesichert sein. Ihr Unternehmen kann sich gegenüber seinem Abnehmer regelmäßig nicht auf Unmöglichkeit wegen der hohen Kosten einer anderweitigen Eindeckung oder eine Änderung der Geschäftsgrundlage berufen. Die Unverhältnismäßigkeit bejahen Gerichte regelmäßig nur dann, wenn der Aufwand des Lieferanten im Verhältnis zum Belieferungsinteresse des Abnehmers außer Verhältnis steht. Es kommt also zum einen nicht darauf an, ob der Lieferant aus dem Geschäft keinen Gewinn mehr macht. Zum anderen wird gerade bei Lieferengpässen regelmäßig das Interesse des Abnehmers an der Lieferung steigen, so dass sich die Schwelle der Unverhältnismäßigkeit nach oben verschiebt.

Auch der Einwand, dass die Einkaufskosten so stark gestiegen seien, dass die Geschäftsgrundlage für das Verkaufsgeschäft weggefallen sei, funktioniert regelmäßig nicht. Denn es kommt hierfür immer auf die gemeinsame Geschäftsgrundlage an. Diese ist jedoch nicht tangiert, wenn nur eine Vertragspartei – hier der Lieferant – das Beschaffungsrisiko trägt. Der Grundsatz der Vertragstreue wird nicht dadurch ausgehebelt, dass die Erwartung des Herstellers oder Weiterverkäufers, zuverlässig beliefert zu werden, enttäuscht wird. Nur in Ausnahmefällen wie der Corona-Krise hat der Bundesgerichtshof in Einzelfällen eine schwerwiegende Störung der Geschäftsgrundlage bejaht.

Vertragliche Regelungen zu Lieferengpässen und zum Beschaffungsrisiko sind möglich, wenn die Vertragsparteien hierzu verhandeln und der Abnehmer akzeptiert, dass er einen Teil des Beschaffungsrisikos übernimmt, entweder indem er Preisanpassungen oder geringere Liefermengen akzeptiert. Dies ist allerdings nicht gleichbedeutend mit Liefervorbehalts- oder Rücktrittsklauseln, die der Lieferant standardmäßig gegenüber jedem Abnehmer verwendet. Denn dann handelt es sich regelmäßig um allgemeine Geschäftsbedingungen, in denen das Beschaffungsrisiko nicht ohne weiteres abbedungen werden kann.

2. Lieferengpässe und die Verteilung verfügbarer Mengen

Weiterhin stellt sich die Frage, wie der Hersteller zu verfahren hat, wenn die bei ihm vorhandene Menge nicht ausreicht, um alle Lieferansprüche seiner Abnehmer zu erfüllen. Der Lieferant ist an seine Vertrags- und Konditionenabreden mit seinem jeweiligen Lieferanten gebunden. Er kann die vorhandenen Mengen also nicht an diejenigen Abnehmer abgeben, die – im Nachhinein – dazu bereit sind, einen höheren Preis zu akzeptieren. Auch das Prinzip „wer zuerst kommt, malt zuerst“, wonach die Abnehmer in der zeitlichen Reihenfolge ihrer Bestellungen beliefert werden, ist rechtlich keine Option. In beiden Fällen würde der Lieferant die Verträge mit seinen Abnehmern ohne Rechtfertigung brechen und würde auf Schadensersatz haften. Um eine solche Haftung zu vermeiden, bleibt in Fällen vor allem die Möglichkeit, mit den Abnehmern nachträglich jeweils die Lieferung von Teilmengen zu vereinbaren. Gelingt eine solche Einigung nicht und liegt kein Fixgeschäft vor, käme der Lieferant „nur“ in Schuldnerverzug, ohne dass er die vollständige Leistung verweigert. Dies mindert das Risiko einer Haftung demgemäß anteilig, beseitigt es jedoch nicht.

3. Force majeure-Klauseln

In der Praxis helfen hier jedoch oft so genannte Klauseln über „höhere Gewalt“ – auch force majeure-Klauseln genannt. Nach diesen Klauseln wird jedoch nicht das Risiko des Lieferanten, zu für ihn ungünstig veränderten Bedingungen einzukaufen, herzustellen und liefern zu müssen, beseitigt. Das Beschaffungsrisiko an sich wird nicht geändert. Allerdings suspendieren sie unter konkret zu nennenden Ereignissen und Bedingungen die Pflicht zur Einhaltung von Lieferfristen. Es muss sich hierbei – insbesondere, wenn die force majeure-Klausel in den allgemeinen Verkaufsbedingungen des Lieferanten enthalten ist – um Ereignisse handeln, die objektiv außerhalb der Kontrolle der Vertragspartner liegen. Zudem darf diese Suspendierung von Leistungspflichten nur zeitlich begrenzt dauern – regelmäßig nur einige Monate. Nach Ablauf dieser Hemmung muss der Abnehmer die Möglichkeit haben, vom Vertrag zurückzutreten, eine etwaige Vorleistung zurückzufordern und Schadensersatz zu verlangen.

4. Weitergabe von Preiserhöhungen

Eng mit Lieferengpässen sind Preisänderungen verbunden – oder zumindest der Wunsch der Lieferanten, ihre Preiskonditionen an die Erhöhung der Preise für Rohstoffe oder Komponenten anzupassen. Im Grundsatz gilt auch für die vereinbarten Preise der Grundsatz der Vertragstreue. Es gibt kein allgemeines einseitiges Preisanpassungsrecht.

Ein solches kann jedoch zwischen Unternehmen vereinbart werden, auch in allgemeinen Verkaufsbedingungen. Allerdings müssen solche einseitigen Preisanpassungsklauseln die Voraussetzungen der Preisanpassung klar und transparent regeln, dürfen nicht dazu führen oder dazu dienen, die Gewinnmarge des Lieferanten aufrecht zu erhalten und müssen für Preisänderungen in beide Richtungen gelten, also nicht nur für Preiserhöhungen

Zusammenfassung Teil 1

Ein häufiger Fehler im Vertragsrecht besteht darin, voreilig und unvorbereitet zu handeln. Gerade bei der Unterzeichnung von Verträgen ist es wichtig, diese sorgfältig zu prüfen und alle Klauseln zu verstehen und auch auf fehlende Klauseln zu achten. Ein Anwalt kann helfen, Dokumente auf Fehler zu überprüfen und sicherzustellen, dass keine nachteiligen Bedingungen übersehen oder wichtige Regelungen weggelassen werden. In Teil 2 werden die Themenbereiche Lieferung mangelhafter Produkte, Rahmenverträge und Lieferabrufe, Kooperationen und Absatz- und Bezugsbeschränkungen erörtert.

Anwalt Gesellschaftsrecht und Handelsrecht

Dr. Andrelang, LL. M.

Fachanwalt für Internationales Wirtschaftsrecht

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