Risiken in der Lieferkette stellen sich zwar oftmals in den Bereichen Lieferengpässe und Weitergabe von Preiserhöhungen (siehe hierzu Teil 1). Innerhalb der Lieferkette kommen Zwischenlieferanten und Weiterverkäufer jedoch auch in Schwierigkeiten, wenn die verfügbare Menge an Produkten nicht in Frage steht.
1. Lieferung mangelhafter Produkte
Insbesondere die Lieferung mangelhafter Produkte kann zu erheblichen rechtlichen Auseinandersetzungen führen. Häufig tritt der Fall auf, dass der letzte Verkäufer in der Kette sein Produkt oder die gefertigte Anlage an den Käufer geliefert hat und sich in der Folgezeit Mängel an Komponenten oder Bauteilen zeigen, die der Verkäufer zugekauft hat. Der Käufer wird seine Mängelanzeigen und seine Ansprüche auf Mängelbeseitigung an seinen Verkäufer richten. Denn nur mit ihm steht er in vertraglichen Beziehungen und nur dieser haftet ihm daher im Fall von Mängeln. Der Verkäufer wird sich in der Regel damit verteidigen, dass er das zugekaufte Teil nicht gefertigt hat und rügen, dass der Käufer die gelieferte Ware nicht rechtzeitig untersucht und Mängel gerügt hat. Gleichzeitig muss der Verkäufer jedoch – da er der Käufer seines Lieferanten ist – sämtliche Mängelrügen seinen Lieferanten weitergeben, um nicht seine Rechte zu verlieren. Die jeweilige Kommunikation ist nicht nur langwierig. Sie verschlingt auch viel Zeit, Energie und Kosten und führt nicht selten zu emotional sehr aufgeladener Korrespondenz, weil jeder mit dem Finger auf den anderen zeigt.
Für den Verkäufer in der Mitte ist daher von besonderer Bedeutung, seine Rechte und Pflichten gegenüber dem Käufer, insbesondere zur Lieferung einer mangelfreien Sache, zur Mängelbeseitigung auf eigene Kosten, seinen Einwand der unterbliebenen Mängeluntersuchung und seine eventuelle Schadensersatzpflicht gegenüber seinem Verkäufer zu „spiegeln“. Dies erfordert eine besondere Verzahnung der Vertragsverhandlungen und eine interne Abstimmung zwischen Einkauf und Vertrieb, die nur in den wenigsten Fällen wirklich stattfindet. Insbesondere die Einhaltung von Untersuchungs- und Rügeobliegenheiten ist in der Praxis ein häufig unterschätztes Thema. Dies erfordert auch eine genaue Prüfung der Einkaufsbedingungen des Käufers sowie der Verkaufs- und Lieferbedingungen des Lieferanten mit den jeweils eigenen Einkaufs- und Verkaufsbedingungen des Verkäufers. Gerade kleinere oder mittelständische Unternehmen unterschätzen oft, wie wichtig für sie auch Einkaufsbedingungen sein können.
Im grenzüberschreitenden Geschäftsverkehr wird häufig – wenn keine Geschäftsbedingungen in den Vertrag einbezogen sind oder dies nur unzureichend erfolgte – das so genannte UN-Kaufrecht gelten, das Bestandteil des deutschen Rechts ist und dadurch das BGB und HGB verdrängt. Dieses UN-Kaufrecht gilt als käuferfreundlicher als das BGB und HGB, viele Unternehmen kennen die Regelungen jedoch nicht.
Zudem ist in die Vertragsgestaltung auch immer der so genannte Lieferantenregress einzubeziehen. Danach können insbesondere Aufwendungen für die Mängelbeseitigung entlang der Lieferkette weitergereicht werden; die Verjährung solcher Ansprüche ist gehemmt. Kommt es jedoch zu einem Gerichtsverfahren, das regelmäßig der Käufer beginnt – und sei es nur, um seine Ansprüche nicht verjähren zu lassen –, muss der jeweilige Lieferant in den Prozess einbezogen werden.
Die Wahrung der eigenen Rechtsposition eines in die Lieferkette eingebundenen Unternehmens erfordert bei der Vertragsgestaltung, der Formulierung der eigenen Einkaufs- und Verkaufsbedingungen und der Führung eines Gerichtsprozesses auf mehreren Ebenen eine gute Planung und die Absicherung gegen typische Risiken.
2. Lieferabrufe – Verstoß gegen zugesagte Abnahmemengen
Häufig stellt sich innerhalb der Lieferkette auch das gegenteilige Problem, dass vereinbarte Mengen, die der Preiskalkulation Ihres Unternehmens zugrunde lagen, von Ihrem Käufer nicht abgerufen werden. Zwar werden gerade im Zulieferbereich häufig Zeiträume definiert, in denen der Produzent für die Gesamtliefermenge lieferbereit sein muss. Es fehlt aber an Regelungen, wann und in welchen Chargen der Hersteller die Teile abruft. Gleichzeitig hat Ihr Unternehmen aber, um sich lieferfähig zu halten, bereits mit einem weiteren Zulieferer Vereinbarungen geschlossen und Kapazitäten reserviert. Diese liegen nun brach, und können, wenn der Hauptabnehmer keine Abrufe tätigt alle beteiligten Unternehmen in Insolvenznähe bringen. Dies gilt insbesondere, wenn andere Aufträge in der Hoffnung auf die Abrufe abgelehnt wurden.
Werden Abnahmemengen besprochen und wie so oft zur Grundlage der Preiskalkulation gemacht, ist von elementarer Bedeutung, dass konkrete Regelungen für Lieferabrufe und Rechte bei deren Unterbleiben vertraglich geregelt werden. Die Vereinbarung über die Mindestmenge und den Preis – regelmäßig zwischen Klauseln über die Qualitätssicherung formuliert – ist rechtlich regelmäßig nur eine Rahmenvereinbarung, die keinen Anspruch auf Lieferung schafft, sondern regelmäßig nur die Lieferpflicht vorsieht. Diese einseitigen Rahmenvereinbarungen zwischen Unternehmen sind regelmäßig wirksam. Es ist daher ein besonderes Augenmerk darauf zu legen, wie die Durchführung solche Vereinbarungen verbindlich festgehalten wird.
3. Kooperationen – Mithaftung für Fehler anderer
Vereinbaren Unternehmen eine arbeitsteilige Leistungserbringung, sind Regelungen für den Haftungsumfang bei Fehlern zwischen den Kooperationspartnern besonders wichtig. Regelmäßig wird der Auftraggeber oder Abnehmer verlangen, dass beide Kooperationspartner ihm gegenüber als Gesamtschuldner haften. Dies soll den Auftraggeber entlasten und lässt sich vor allem bei kleineren Unternehmen durchsetzen.
Allerdings wird häufig übersehen, dass zwischen zwei Auftragenehmern, die als Gesamtschuldner haften, automatisch ein Ausgleichsanspruch in ihrem Innenverhältnis entsteht: Wenn einer der Auftragnehmer zum Beispiel gegenüber dem Auftraggeber eine Leistung nachbessert oder Schadensersatz leistet, kann er von dem anderen Auftragnehmer „anteilig“ einen Ausgleich verlangen. Nach dem Gesetz gilt, dass „anteilig“ grundsätzlich „zu gleichen Teilen“ meint, bei zwei Auftragnehmern als 50:50. Dies ist aber dann nicht angemessen, wenn beide Auftragnehmer eine arbeitsteilige Auftragsausführung vereinbart haben. Für diese Fälle muss daher in der Kooperationsvereinbarung zwischen den Auftragnehmern vereinbart sein, wie die Haftung im Innenverhältnis verteilt wird.
4. Vertriebs- und Bezugsbeschränkungen
Entlang der Liefer- und Absatzkette haben gerade Markenhersteller oft Regelungen in ihren Verträgen, dass autorisierte Wiederverkäufer und Händler, die nach bestimmten Auswahlkriterien ausgewählt wurden, nur an Endkunden und andere autorisierte Händler verkaufen dürfen. Ein solcher selektiver Vertrieb ist kartellrechtlich wirksam und zu beachten. Verkauft ein autorisierter Händler unter Verstoß gegen solche vertraglichen Regelungen an nicht für die Liefer- und Absatzkette zugelassene Händler, verstößt er gegen seinen Vertrag. Er riskiert dann die Vertragskündigung. Allerdings setzt das Kartellrecht bestimmten Vertriebseinschränkungen klare Grenzen. Insbesondere darf einem Händler nicht verboten werden, seine Preise frei festzusetzen oder die Produkte im Internet zu verkaufen.
Direkte oder indirekte Beschränkungen von Bezugsquellen sind ebenfalls nur in engen Grenzen zulässig. Sie sind häufig getarnte Wettbewerbsverbote. Der Lieferant – etwa der Hersteller oder Importeur – darf einem Händler nicht für längere Zeit verbieten, auch Konkurrenzprodukte zu vertreiben. Welche Zeitspanne im Einzelfall zulässig ist, hängt von den Umständen ab. Je mehr schützenswerte Geschäftsgeheimnisse etwa offengelegt werden, desto länger wäre ein solches Wettbewerbsverbot zulässig.
Auch im Bereich der Subunternehmer sind Wettbewerbsverbote in Form von Kundenschutzklauseln regelmäßig zulässig und können sogar mit Vertragsstrafen sanktioniert werden.
Was leistet ein Rechtsanwalt im Bereich Vertragsrecht?
Als Rechtsanwalt, der einen Tätigkeitsschwerpunkt auf der Beratung zum und der gerichtlichen Durchsetzung von Vertragsrecht gesetzt hat, erbringe ich für Ihr Unternehmen vielfältige Aufgaben. Dazu gehören:
1. Erstellung und Überprüfung von Verträgen: Ein Anwalt für Vertragsrecht überprüft sämtliche Schreiben und sorgt dafür, dass alle Vereinbarungen juristisch einwandfrei und verständlich sind. Zudem unterstützt er bei der Erstellung rechtssicherer Dokumente, um mögliche rechtliche Auseinandersetzungen im Vorfeld zu vermeiden.
2. Vertretung bei Streitigkeiten: Im Streitfall ist es wichtig, sich durch einen Anwalt vertreten zu lassen. Ein Rechtsanwalt für Vertragsrecht ist erfahren darin, Streitigkeiten im Bereich des Vertragsrechts sowohl außergerichtlich als auch gerichtlich zu klären. Dabei steht er Ihnen zur Seite, um Ihre Interessen durchsetzungsstark zu vertreten und mögliche Lösungen zu erarbeiten.
3. Beratung zur Rechtslage: Nicht immer ist es klar, ob sich eine gerichtliche Auseinandersetzung lohnt. Ein erfahrener Anwalt kann analysieren, ob es sich lohnt, gerichtlich vorzugehen und welche Erfolgsaussichten bestehen. Dabei spielt die Frage eine Rolle, ob in bestimmten Rechtsfällen sogar Anwaltszwang herrscht und ob es sinnvoll ist, vor Gericht zu gehen oder eine außergerichtliche Einigung zu suchen.
4. Wahrung von Fristen: Gerade im Vertragsrecht ist es entscheidend, dass alle wichtigen Fristen eingehalten werden. Ein Anwalt sorgt dafür, dass Ihre Ansprüche rechtzeitig geltend gemacht werden, und vermeidet dadurch, dass Ihre Rechte durch Fristversäumnisse erlöschen.
Zusammenfassung
Auch die Annahme, dass Verträge immer ohne rechtliche Unterstützung abgeschlossen werden können, ist riskant. Vor allem in komplexen Vertragswerken, bei denen es um hohe Summen oder langfristige Verpflichtungen geht, ist die rechtliche Beratung durch einen Anwalt unerlässlich. Vorsicht ist besser als Nachsicht – ein Anwalt kann rechtliche Stolpersteine frühzeitig erkennen und Ihnen damit unnötige Kosten und Ärger ersparen.