Eine Preisbindung der Händler einer Einkaufsgemeinschaft ist verboten. Dies hat das Bundeskartellamt in einer am 29. Januar 2019 veröffentlichten Pressemitteilung zu einer Bußgeldentscheidung nochmals klargestellt. Zwar gibt es Ausnahmen von dieser Regel, aber nur in engen Grenzen. Lesen Sie hier, was kartellrechtlich möglich ist.
Autor:
Dr. Christian Andrelang, LL.M.
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Internationales Wirtschaftsrecht Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
Preisbindung – Worum geht es?
Vorgaben des Verkäufers gegenüber seinen Händlern, die diese dazu verpflichten, die bezogenen Produkte zu einem bestimmten Fixpreis oder nicht unterhalb eines Mindestpreises zu verkaufen, sind kartellrechtswidrig. Solche Klauseln sind nicht nur unwirksam und müssen daher nicht befolgt werden. Sie lösen auch Kartellverfahren und empfindliche Bußgelder aus. Allenfalls dürfen Höchstverkaufspreise festgesetzt werden. Diese dürfen jedoch nicht so niedrig gewählt werden, dass sie sich faktisch wie ein Mindestpreis auswirken, weil für den Händler ein Vertrieb der Produkte unterhalb des Höchstpreises wirtschaftlich nicht interessant ist.
Auch unverbindliche Preisempfehlungen sind zulässig. Es reicht jedoch nicht, wenn der Verkäufer sie lediglich als „unverbindlich“ bezeichnet. Der Händler muss in seiner Preissetzungsfreiheit unbeschränkt sein. Alle Maßnahmen, die der Verkäufer bei einer unverbindlichen Preisempfehlung begleitend ergreift, um die Preisempfehlung durchzusetzen, machen die Preisempfehlung eben gerade nicht unverbindlich, sondern zu einer kartellrechtlich unzulässigen vertikalen Preisbindung. Verboten sind daher besondere Anreize wie Boni, Rabatte oder Rückvergütungen bei Einhaltung der Preisempfehlung oder Nachteile bei Nichtbefolgung der Preisempfehlung, wie etwa Lieferstopps, Lieferverzögerungen oder das Drohen mit einer Vertragskündigung.
In dem aktuellen Verfahren ging es um Vereinbarungen der Verantwortlichen einer Einkaufsgemeinschaft mit fast 50 Fahrradeinzelhändlern über eine Preisbindung. Die Einzelhändler waren nach diesen Vereinbarungen verpflichtet, beim Verkauf von aktuellen Fahrradmodellen die von der Einkaufsgemeinschaft festgesetzten Mindestverkaufspreise, auch als „Tiefpreis“ bezeichnet, nicht zu unterschreiten. Die Vereinbarungen liefen teilweise über mehr als zehn Jahre und endeten erst mit der Durchsuchung der Geschäftsräume der Einkaufsgemeinschaft durch das Bundeskartellamt. Die Einkaufsgemeinschaft bzw. ihre Vertreter haben auch kontrolliert, ob die Einzelhändler die Mindestverkaufspreise auch einhalten. Sie haben hierzu insbesondere Hinweise aus dem Händlerkreis über Preisunterschreitungen anderer Einzelhändler entgegengenommen bzw. selbst Preisnachforschungen durchgeführt oder durchführen lassen. Fahrradeinzelhändler, die die Mindestverkaufspreise unterschritten, wurden zu deren Einhaltung angehalten. Auch dies macht eine unverbindliche Preisempfehlung zu einer kartellrechtlich unzulässigen Preisbindung.
Preisbindung – Was ist neu für Einkaufsgemeinschaften?
Das Bundeskartellamt hat gegen diese Einkaufsgemeinschaft ein Bußgeld von insgesamt EUR 13,4 Mio wegen vertikaler Preisbindung festgesetzt. Der Präsident des Bundeskartellamts, Andreas Mundt, bestätigte dies in der Pressemitteilung des Bundeskartellamts vom 29. Januar 2019:
„Die ZEG hat mit ihren Mitgliedsunternehmen Vereinbarungen über Endverkaufspreise für bestimmte Fahrradmodelle getroffen. Die selbständigen Einzelhändler wurden dazu angehalten, von der ZEG festgesetzte Mindestverkaufspreise für verschiedene Fahrradmodelle nicht zu unterschreiten. Damit wurde auch der Preiswettbewerb zwischen den Mitgliedern der Einkaufskooperation gegenüber dem Endverbraucher stark behindert.“ (Quelle: Bundeskartellamt, online Pressemitteilung vom 29. Januar 2019)
Das Bundeskartellamt hat zudem klargestellt, dass Mindestverkaufspreise nicht nur durch die eigentlichen Verkäufer der Produkte, also Hersteller oder Importeure, sondern auch durch Einkaufsgemeinschaften festgesetzt werden können, und dies kartellrechtswidrig ist. Einkaufsgemeinschaften sind etwa Zusammenschlüsse kleiner oder mittlerer Unternehmen als Mittelstandskartelle (lesen Sie hier Näheres zu Mittelstandskartellen und die kartellrechtlichen Anforderungen), die durch den Zusammenschluss Vorteile im Einkauf, der Vermarktung oder der Finanzierung realisieren können.
Zeitlich beschränkte Mindestpreisvorgaben und damit eine Preisbindung können kartellrechtlich zwar zulässig sein, aber nur unter sehr engen Voraussetzungen, etwa bei gemeinsamen Sonderangebotskampagnen. Eine Preisbindung, die über mehrere Jahre praktiziert und kontrolliert wird, erfüllt diese Voraussetzungen allerdings nicht, auch nicht im Rahmen von Einkaufsgemeinschaften.
Preisbindung – Was bedeutet die Bußgeldentscheidung?
Zum einen bestätigt sich, dass die Kartellbehörden immer stärker auf die Einhaltung des Kartellrechts in vertikalen Verhältnissen achten. Jede Form der Preisbindung kann daher bei ihrer Aufdeckung zu empfindlichen Geldbußen führen. Zum anderen können sich auch kleinere und mittlere Unternehmen nicht darauf verlassen, „unterhalb des Radars“ des Bundeskartellamts zu operieren. Der Deckmantel eines an sich zulässigen Mittelstandskartells in Form einer Einkaufsgemeinschaft schützt nicht gegen die Kartellrechtswidrigkeit einer unzulässigen Preisbindung.
Preisbindung – Was ist jetzt für Sie wichtig?
Vereinbarungen mit einer Preisbindung für Wiederverkaufspreise sollten unbedingt auf ihre kartellrechtliche Zulässigkeit geprüft werden. Zudem sollte, wenn die Preisbindung aufgedeckt wurde, insbesondere durch so genannte „Kronzeugen“, also Händler, die eine Preisbindung aktiv melden, bei der Aufklärung des Sachverhalts kooperiert werden. Bei der Bestimmung der Höhe des Bußgeldes wird das Bundeskartellamt regelmäßig miteinbeziehen, inwieweit die Preisbindung durch Mithilfe der Beteiligten aufgeklärt werden und das Bußgeldverfahren einvernehmlich beendet werden konnte. Aber: Auch eine solche Zusammenarbeit mit den Kartellbehörden sollte nicht ohne anwaltliche Beratung erfolgen. Dies gilt insbesondere für das Setzen der Marker beim Bundeskartellamt: Das erste Unternehmen, das einen Kartellrechtsverstoß, an dem es selbst beteiligt war, meldet und bei der Aufklärung unterstützt, kann in den Genuss eines vollständigen Bußgelderlasses kommen. Schadensersatzansprüche der Abnehmer bestehen jedoch trotzdem (lesen Sie hier Näheres zur Verjährung von kartellrechtlichen Schadensersatzansprüchen).